
Bewerberkiller Online-Recruiting / Episode 1 #HR #Recruiting #Bewerber #Job
Unternehmen sind händeringend auf der Suche nach guten Bewerbern. Employer Branding steht hoch im Kurs. Unternehmen geben sich in viralen Kampagnen modern und innovativ. Doch wie sieht die Praxis aus, wenn ein Bewerber sich wirklich für ein Unternehmen interessiert und sich auf eine ausgeschriebene Position bewirbt? Wie nutzerorientiert sind Online-Bewerbungsprozesse in Zeiten der Digitalisierung? Gibt es die 1-Klick-Bewerbung wirklich? Dr. Frank Knoche hat es ausprobiert. Mit der fiktiven Identität Max Mustermann hat er sich bei vier verschiedenen Unternehmen beworben. Eine Momentaufnahme in vier Episoden.
Episode 1: Online-Bewerbung bei einer internationalen Unternehmensberatung
Heute bewirbt sich Max Mustermann bei einer internationalen Unternehmensberatung, die sich selbst als Vorreiter in Sachen Digitalisierung sieht. Am Standort Berlin wird ein Senior Digital Consultant (m/w) gesucht. Genau das Richtige für unseren Max Mustermann:
Am Ende der Positionsbeschreibung auf der Karriereseite der Unternehmensberatung klicke ich auf „Bewerben“. Danach darf ich meine E-Mail-Adresse sowie meinen Namen angeben. Anschließend muss ich ein weiteres Mal auf „Bewerbung starten“ klicken und der Bewerbungsprozess ist gestartet. Die Unternehmensberatung nutzt die Talent-Management-Software Taleo von Oracle, wie ich in der Browserzeile erkennen kann.
„Willkommen. Sie sind nicht angemeldet“,
begrüßt mich die Unternehmensberatung und zeigt mir eine Datenschutzerklärung an, die ich ungelesen bestätige. Der nächste Screen überrascht mich: „Registrierung für neue Benutzer“ steht dort. Ich hatte doch vor einer Minute schon einmal meine E-Mail-Adresse und meinen Namen angegeben. Warum das ganze nochmal?
Na gut. Ich möchte mich ja auf die Position als Senior Digital Consultant bewerben und fülle daher die Felder „Benutzername“, „Passwort“ und „E-Mail“ aus. Anschließend klicke ich auf „Registrieren“.
„Das von Ihnen eingegebene Kennwort ist nicht gültig. Bitte beachten Sie, dass das Kennwort dem folgenden Format entsprechen muss“.
Es folgt eine Aufzählung von sieben Bullet-Points. Ok. Kennwort-Policy verstanden. Ich gebe ein neues Kennwort ein und klicke auf „Absenden“.
„Die Aktion kann nicht abgeschlossen werden. Unter diesem Benutzernamen ist bereits ein gültiger Datensatz vorhanden.“
Also hat das System doch mein initialen Daten akzeptiert, denke ich. Interessant. Mir wird ein Button „Zurück zur Anmeldeseite“ angeboten, den ich klicke. Anschließend klicke ich wieder auf „Anmelden“, bestätige nochmal die Datenschutzerklärung und werde jetzt nach einem Benutzernamen gefragt, der bei meiner initialen Anmeldung nicht Bestandteil der Registrierung war. Welchen Benutzernamen soll ich eintragen? Ich versuche es mit MaxMustermann. Gefragt wird auch nach einem Kennwort. Doch welches nehme ich? Ich versuche das Kennwort meiner “zweiten” Registrierung.
„Das von Ihnen eingegebene Kennwort ist ungültig“.
Ich möchte das Kennwort zurücksetzen und gebe wie vom Recruiting-System gefordert Benutzername und E-Mail ein.
„Die von Ihnen eingegebene E-Mail-Adresse entspricht keinem registrierten Benutzer.“
Ich bin kurz davor zu kapitulieren. Ich klicke auf „Abbrechen“, anschließend auf „Vergessener Benutzername“. Nach nochmaliger Eingabe meiner E-Mail-Adresse erscheint die Meldung „Das System kann keine passende Übereinstimmung finden.“ Weiter heißt es:
„Damit das System Ihren eindeutigen Kandidatendatensatz identifizieren und Ihren Benutzernamen abrufen kann, müssen Sie einige persönliche Informationen angeben. Füllen Sie die Felder unten aus, und klicken Sie anschließend auf ‘Prüfen’, um zu überprüfen, ob die Informationen mit einem eindeutigen Kandidatendatensatz übereinstimmen.“
Ich gebe erneut Vorname, Nachname und E-Mail-Adresse ein. Wieder erscheint die gleiche Meldung. Ich kapituliere. Wie kann es sein, dass eine Unternehmensberatung, die ihre Kunden zum Thema Digitalisierung berät, ein derart benutzerunfreundliches Recruiting-System hat? Hat da irgendjemand schon mal einen Usability-Test gemacht? Oder will man einfach keine neuen Bewerber? Egal. Morgen versuche ich mal mein Glück bei einem Automobilzulieferer.
Alle vier Episoden zum Nachlesen:
Episode 1: Bewerbung bei einer internationalen Unternehmensberatung
Episode 2: Bewerbung bei einem internationalen Automobilzulieferer
Episode 3: Bewerbung bei einem internationalen Versicherungskonzern
Episode 4: Bewerbung im Mittelstand / Testfazit
Hinweis:
Obige Erlebnisse spiegeln den Status Quo des Bewerbungsprozesses bei einer bekannten internationalen Unternehmensberatung wieder. Ich habe mich dort als Max Mustermann im Juni 2018 unter ansonsten realen Bedingungen beworben.
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